Am 10.06.2016 beginnt das größte europäische Kontinentalturnier – die EM 2016. Das wörtchen größte ist in diesem Fall sogar wörtlich zu nehmen denn niemals zuvor gab es ein derartig großes Turnier mit derartig vielen Mannschaften. Eine Vielzahl von Teams bedeutet auch gleichzeitig sehr viel Potential für Überraschungen und alle Fans der deutschen Nationalmannschaften fragen sich natürlich, wie die Chancen der DFB-Elf bei der EM 2016 in Frankreich stehen. Immerhin ist die deutsche Nationalmannschaft amtierender Weltmeister.
Holprig war der Weg nach Frankreich
Nach dem Finale von Rio bei der WM 2014 in Brasilien war ganz Fußball-Deutschland in einem regelrechten Jubelsturm. Mario Götzes Treffer nach Vorarbeit von Andre Schürrle in der Verlängerung gegen Argentinien brachte den vierten Weltmeistertitel und es gab kein Halten mehr. Der Erfolg im Fußball ist jedoch kurzweilig und direkt nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft richtete sich der Blick von Bundestrainer Jogi Löw direkt auf die nun anstehende EM 2016 in Frankreich. Die Qualifikation hingegen verlief aus deutscher Sicht alles Andere als reibungslos, zumal der Weltmeister-Kapitän Phillip Lahm nach dem Triumph von Rio von Bord ging. Auch Miroslav Klose, der Stürmer mit so manch wichtigem Treffer in seiner DFB-Karriere, erkläre seinen Rücktritt. Gerade das Nationalmannschaftskarriere von Phillip Lahm jedoch tat der deutschen Nationalmannschaft in so manchem Spiel überaus weh, da bis zum jetzigen Zeitpunkt kein adäquater Ersatz gefunden werden konnte. Obgleich die DFB-Elf in ihrer Qualifikationsgruppe als Gruppensieger direkt nach Frankreich fahren durfte, so gab jedoch die Niederlage gegen Polen und das Remis gegen Irland Fragen auf. Auch in der Vorbereitung sah die deutsche Nationalmannschaft bei Niederlagen wie jüngst gegen die Slowakei in Augsburg nicht immer weltmeisterlich aus. Der Bundestrainer hielt zwar Kritikern entgegen, dass derartige Spiele nicht überbewertet werden sollten und dass gerade die Partie gegen die Slowakei in Augsburg stark von den Witterungsbedingungen beeinflusst wurde, doch kamen Zweifel an den Erfolgsaussichten des Teams bei der EM 2016 in Frankreich auf.
Immer noch ein weltmeisterlicher Kader
Betrachtet man sich den Kader der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2016 in Frankreich einmal genauer, so stellt man fest: 14 Weltmeister von Rio sind noch immer an Bord. Das geringste Problem stellt sich dem Team im Tor, da mit Manuel Neuer ein Keeper von Weltklasseformat den Kasten hütet. In der Abwehr ist Jerome Boateng eine Bank und auch Mats Hummels kann viel von seiner Erfahrung profitieren, auch wenn der neue Verteidiger des FC Bayern München verletzungsbedingt zum Auftakt fehlen dürfte. Für ihn jedoch könnten sowohl Jonathan Tah von Bayer Leverkusen, der für den ebenfalls verletzten Antonio Rüdiger nachnominiert wurde, oder Benedikt Höwedes vom FC Schalke 04 für Deutschland verteidigen. Auf der Defensivaußenbahn dürfte Jonas Hector vom 1. FC Köln das Vertrauen von Bundestrainer Jogi Löw genießen, auch wenn der junge Verteidiger in der Vorbereitung nicht immer den sichersten Eindruck hinterlassen hat. Als Alternative steht immer noch Shkodran Mustafi bereit, der ebenfalls seine ersten Erfahrungen im Dress der deutschen Nationalmannschaft bereits sammeln konnte und als Kämpfer bekannt ist.
Im Mittelfeld hat die deutsche Nationalmannschaft ebenfalls keine Probleme, da mit Toni Kroos und Thomas Müller zwei exzellente Strategen in ausgezeichneter Form zur Verfügung stehen. Gerade Thomas Müller vom FC Bayern München ist für seine Torgefahr bekannt und kann davon profitieren, dass Toni Kroos vom Champions-League-Sieger 2016 Real Madrid als Stratege ihm den Rücken freihält. Zudem steht mit Mesut Özil ein kreativer Mann zur Verfügung, der einem Spiel durchaus die entscheidende Wendung geben kann. Interessant wird es aus deutscher Sicht unter Garantie werden, wie die Youngsters Joshua Kimmich vom FC Bayern München und Leroy Sané vom FC Schalke 04 einschlagen werden. Für beide ist es das erste große Turnier im Dress der deutschen Nationalmannschaft und gerade Sane hat in der letzten Bundesliga-Saison durch seine technische Stärke und Geschwindigkeit für Furore gesorgt.
Im Sturm kann Bundestrainer Jogi Löw auf die Erfahrung von Mario Gomez und Lukas Podolski vertrauen, da beide regelrechte Torgaranten sind. Eine Variante könnte zudem Mario Götze sein, der als falsche Neun immerhin das wohl wichtigste Tor seiner Karriere im Finale der WM 2014 in Brasilien geschossen hat.
Als Fazit kann gesagt werden, dass die deutsche Nationalmannschaft bei der EM 2016 in jedem Fall zum engeren Kreis der Titelfavoriten gezählt werden muss. Historiker werden sich daran erinnern, dass es vor größeren Turnieren in der Vorbereitung fast immer ein wenig holprig lief und dass die deutsche Nationalmannschaft anschließend in dem Turnier als Turniermannschaft zu Höchstleistungen auflief. Sei es bei der WM 1990 in Italien, wo die Qualifikation zu der Endrunde erst im letzten Spiel gegen Wales gesichert werden konnte oder bei diversen Testspielen vor der WM 2014. Gary Lineker, seinerzeit Verteidiger der englischen Nationalmannschaft, sagte dereinst so schön: „Fußball ist ein Spiel mit 22 Spielern und am Ende sind die Deutschen die Gewinner!“. In Anbetracht der Tatsache, dass der letzte Europameistertitel im Jahr 1996 in England unter dem damaligen Bundestrainer Berti Vogts gewonnen werden konnte und somit auch schon 20 Jahre zurückliegt, wird so mancher Fußball-Fan der deutschen Nationalmannschaft hoffen, dass Lineker auch dieses Mal Recht behält.